Geistliche Angebote

Psalm, Andacht, Lieder und Fürbittengebet von Pfarrerin Brigitte Schöne und Kirchenmusikerin Nadine Klusacsek

 

„Schaffe mir Recht, Gott“, so beginnt Psalm 43. Dem ersten Wort der lateinischen Fassung: ´Judica me Deus´ verdankt der 5. Sonntag in der Passionszeit seinen Namen: Judika. Dieses Vorzeichen prägt den Sonntag in spezifischer Weise, denn es geht um Rechtssuche und Rechtsdurchsetzung in Verfolgung und Bedrängnis.

Die sieben Wochen vor Ostern geben uns Christen die Zeit, uns den Weg Jesu bis hin zu seinem gewaltsamen Tod nahegehen zu lassen.  Wir verdeutlichen uns am Leiden Jesu Jahr für Jahr, wozu Menschen in der Lage sind und was sie einander antun. Was Jesus geschah, geschieht so vielen Menschen zu allen Zeiten. Die Passion, d.h. der Leidensweg Jesu zeigt: Menschenwürde und Gerechtigkeit sind antastbar. Beides aber – Menschenwürde und Gerechtigkeit - sind in Gott begründet und von ihm gewollt. Gott wird diese Verletzungen nicht einfach geschehen lassen.

 

Lied

Holz auf Jesu Schulter (EG 97)

Holz auf Jesu Schulter, von der Welt verflucht,
ward zum Baum des Lebens und bringt gute Frucht.
Kyrie eleison, sieh wohin wir gehn.
Ruf uns aus den Toten, lass uns auferstehn.

Wollen wir Gott bitten, dass auf unsrer Fahrt
Friede unsre Herzen und die Welt bewahrt.
Kyrie eleison, sieh, wohin wir gehn.
Ruf uns aus den Toten, lass uns auferstehn.

Wollen wir Gott loben, leben aus dem Licht.
Streng ist seine Güte, gnädig sein Gericht.
Kyrie eleison, sieh, wohin wir gehn.
Ruf uns aus den Toten, lass uns auferstehn.

Hart auf deiner Schulter, lag das Kreuz, o Herr,
ward zum Baum des Lebens, ist von Früchten schwer.
Kyrie eleison, sieh, wohin wir gehn.
Ruf uns aus den Toten, lass uns auferstehn.

Liedbegleitung von unserer Kirchenmusikerin Nadine Klusacsek am Flügel in der Kirche Zum guten Hirten: 

 

Psalmgebet

Menschen treten zu allen Zeiten vor Gott, wenn sie sich ohnmächtig fühlen und verletzt und ratlos. Wenn sie verzweifelt sind. So ist auch der Psalm 43 zu verstehen: Als Gebet zu Gott in bedrängtem Leben. Der Beter vor Jahrtausenden spricht aus seiner Situation heraus:

Schaffe mir Recht, Gott, und führe meine Sache wider das treulose Volk
und errette mich von den falschen und bösen Leuten!
Denn du bist der Gott meiner Stärke:
Warum hast du mich verstoßen? Warum muss ich so traurig gehen, wenn mein Feind mich drängt?
Sende dein Licht und deine Wahrheit, dass sie mich leiten
und bringen zu deinem heiligen Berg und zu deiner Wohnung,
dass ich hineingehe zum Altar Gottes, zu dem Gott, der meine Freude und Wonne ist,
und dir, Gott, auf der Harfe danke, mein Gott.

 

Andacht

Dieses Gebet ist voller Emotionen. Wut spüre ich und Ratlosigkeit. Ein inneres Ringen um Fassung und zunehmende Traurigkeit durchdringen die Zeilen. Ich merke, wie mich diese Worte anrühren. Sie treffen mich mitten in den Erfahrungen dieser vergangenen Woche, mitten in der großen Unruhe-Ruhe, die unsere Stadt und unsere Gesellschaft erfasst hat. Es ist – äußerlich - eine große Ruhe eingetreten. Ruhe auf den Straßen, in den Geschäften, in den verschlossenen Schulen und Theatern und Kinos und Sportstätten, in den Kirchen. Das Leben ist heruntergefahren auf ein Minimum. Es ist ein Leben wie am Sonntag. Dauer-Sonntag.

Manchen Menschen tut diese erzwungene Ruhe richtig gut. Jemand hat den Dauer-Marathon gestoppt und die Routine des Alltags wird dadurch heilsam durchbrochen. Wir haben Zeit füreinander im engsten Kreis der Lieben. Zeit für lange Telefonate und für Musik und ein gutes Buch. Zeit, um die Dinge in Ruhe zu tun.

Doch das können Menschen nur genießen, wenn sie sich nicht zugleich bedroht fühlen von finanzieller Unsicherheit und sogar Not. Das kann nur dann gut sein, wenn wir uns aufgehoben fühlen im Zuhause und in unseren Familien. Wenn aber das Fundament diese Belastung nicht tragen kann, wenn die Fäden nicht stark genug sind, dann kann alles schnell brechen, reißen, auseinanderfallen.

Viele Sorgen habe ich wahrgenommen, in der vergangenen Woche. Wer ein Geschäft hat, fragt sich, ob es je wieder eröffnen wird. Wer seine Arbeit nun vom heimischen Schreibtisch aus schaffen muss, findet zwischen den geliebten Kindern nur schwer zur Konzentration. Wer als freischaffender Musiker oder Schauspieler oder Journalist arbeitet, befürchtet den absehbaren finanziellen Bankrott.

Eine große Unruhe liegt in der Ruhe dieser Tage und Wochen. Sie kann sich Bahn brechen in Gebeten wie die des Psalmbeters: Schaffe mir Recht, Gott! Der Beter und die Beterin heutzutage mögen weitersprechen: Ich habe so viel hineingesteckt in diese Arbeit, dieses Projekt, dieses Leben. Schaffe mir Recht, Gott, und lass es nicht im Nichts versinken. Errette mich Gott vor einem ungebremsten Fall, vor Not und Verzweiflung. Warum tust Du mir und uns das an? Warum lässt Du uns so traurig gehen? Hast Du mich vergessen oder gar verstoßen?

Gebete des Verzagens und des Zweifelns und der Verzweiflung werden dieser Tage zum Himmel gehen. Auch Gebete der Angst: Gott, schütze mich vor Krankheit. Und sicher formulieren Menschen auch Bitten wie die des Beters hier: „Sende dein Licht und deine Wahrheit, dass sie mich leiten“. Sende Ideen und Perspektiven, Gott. Sende Geduld und Hoffnung. Das wäre das Beste: Wenn wir Betenden Gott bitten. Hinter jeder Bitte steckt Vertrauen in das Gegenüber. In jedem Gebet wird die Verbindung zu Gott erneuert. Mit jedem Wort an Gott schlagen wir eine Brücke zu dem, der uns Begleitung zugesagt hat.

Dem oder der Betenden im biblischen Wort gelingt es, sich wieder an das Versprechen zu erinnern, dass Gott einst gegeben hat: Ich bin dein Gott!
Im Psalm heißt es weiter:

Was betrübst du dich, meine Seele,
und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken, dass er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist.

Eine enge Verbindung gibt es hier zwischen Mensch und Gott. Ich will mich daran orientieren. Und ich hoffe, dass es besonders den Menschen unter uns, die in diesen Tagen und Nächten voller Sorgen und Ängste sind, gelingt, sich an die enge Verbindung zu erinnern, die Gott zu seinen Menschen haben will.  In der Unruhe-Ruhe mögen wir uns alle an unsere Taufe erinnern, in der wir zeichenhaft und real zu Gott gezogen wurden. Wir haben eine Verbindung! In diesem Bewusstsein können wir uns selbst und einander erleichtert sagen: Ach ja, was betrübst du dich, meine Seele und bist so unruhig in mir. Gott ist doch meine Hilfe. Und er ist mein Gott.

Amen.

 

Lied

Da wohnt ein Sehnen tief in uns ("Singt Jubilate" 128)

Da wohnt ein Sehnen tief in uns, o Gott, nach dir, dich zu sehn, dir nah zu
sein. Es ist ein Sehnen, ist ein Durst nach Glück, nach Liebe, wie nur du sie gibst.

1. Um Frieden, um Freiheit, um Hoffnung bitten wir. In Sorge, im Schmerz –
sei da, sei uns nahe, Gott.

2. Um Einsicht, Beherztheit, um Beistand bitten wir. In Ohnmacht, in Furcht –
sei da, sei uns nahe, Gott.

3. Um Heilung, um Ganzsein, um Zukunft bitten wir. In Krankheit, im Tod –
sei da, sei uns nahe, Gott.

4. Dass du, Gott, das Sehnen, den Durst stillst, bitten wir. Wir hoffen auf dich –
sei da, sei uns nahe, Gott.

Text: Eugen Eckert, Melodie: Anne Quigley

Liedbegleitung von unserer Kirchenmusikerin Nadine Klusacsek am Flügel in der Kirche Zum guten Hirten: 

 


Fürbittengebet

Gott, du bist gerecht.
Vielen Menschen wird ihr Recht genommen.
Ihr Recht auf genügend zu essen und zu trinken.
Ihr Recht, sicher und frei zu leben.

Wir bitten dich: Gott schaffe ihnen Recht!

Ihr Recht, in die Schule zu gehen und zu lernen.
Ihr Recht, ohne Gewalt zu leben.

Wir bitten dich: Gott schaffe ihnen Recht!

Ihr Recht, Ihre Meinung zu sagen und ihren Glauben zu leben.
Ihr Recht, da zu sein und zu leben.

Wir bitten dich: Gott schaffe ihnen Recht!

Gott, sende dein Licht und deine Wahrheit, dass sie uns leiten. Amen.

Quelle: Evangelische Kirche in Hessen und Nassau

 


Mit herzlichen Grüßen.

Viel Segen für Sie,

Ihre Pfarrerin Brigitte Schöne und

Ihre Kirchenmusikerin Nadine Klusacsek