Geistliche Angebote

Predigt von Barbara Neubert

 

 

Evangelium

Johannes 4, 19-26

Die Frau spricht zu ihm: Herr, ich sehe, dass du ein Prophet bist.
Unsere Väter haben auf diesem Berge angebetet, und ihr sagt, in Jerusalem sei die Stätte, wo man anbeten soll.

Jesus spricht zu ihr: Glaube mir, Frau, es kommt die Zeit, dass ihr weder auf diesem Berge noch in Jerusalem den Vater anbeten werdet.
Ihr betet an, was ihr nicht kennt; wir beten an, was wir kennen; denn das Heil kommt von den Juden.

Aber es kommt die Stunde und ist schon jetzt, dass die wahren Anbeter den Vater anbeten werden im Geist und in der Wahrheit; denn auch der Vater will solche Anbeter haben.

Gott ist Geist, und die ihn anbeten, die müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten.

Spricht die Frau zu ihm: Ich weiß, dass der Messias kommt, der da Christus heißt. Wenn dieser kommt, wird er uns alles verkündigen.

Jesus spricht zu ihr: Ich bin’s, der mit dir redet.

 

Predigt

Liebe Gemeinde,

der Predigttext von heute ist so als würde man bei einem Film die ersten 10 Minuten verpasst haben. (evtl. ausführlicher) Eine Frau spricht. Worauf reagiert sie? Was war vorher? Warum redet sie mit diesem Mann? Kennt sie ihn schon länger?

Lassen Sie mich erzählen, was vorher war.

Jesus war unterwegs. Der Weg führte durch Samaria. Er war lange unterwegs gewesen, nun war die größte Mittagshitze vorbei. In der Ferne sah Jesus einen Brunnen, der vor den Toren einer kleinen Stadt lag, nahe bei Weiden und Feldern. Hier an dem Brunnen machte er eine Pause. Er sah das Wasser in der Tiefe des Brunnens. Er wartete.
Da kam eine Frau kam aus der Stadt. Sie hatte einen Krug dabei, um Wasser zu schöpfen.
Ob sie den fremden Mann am Brunnen musterte? Wer war er und was wollte er hier? War er ihr freundliche gesinnt? Noch bevor sie alle diese Gedanken zu Ende gedacht hatte, sprach der Mann sie an: „Gib mir zu trinken!“.
War es höflich, war es nicht sehr direkt, einfach so Wasser von ihr zu fordern? Wollte er nur Wasser? Wollte er noch etwas anderes? Er hatte gütige Augen. So fragte sie zurück:
„Wie kommt es, dass Du mich um Wasser bittest? Du bist ein Mann – ich eine Frau, Du bist Jude – ich aus Samarien.“
Mit einem Mal schien das Wasser aus dem Brunnen nicht mehr so wichtig zu sein, denn Jesus antwortete: „Wenn Du wüsstest, was für ein Geschenk Gott den Menschen macht und wer dich hier bittet, dann würdest du ihn bitten, und er würde dir lebendiges Wasser geben.“

Dabei Jesus hatte nichts dabei, um Wasser aus einem Brunnen zu holen. Der Brunnen war der große Schatz der Stadt, denn hier gab es Wasser das ganze Jahr hindurch. Flüsse, mit fließendem lebendigem Wasser gab es hier nicht.

Und schon waren die beiden im Gespräch vertieft.
Es ging um Gott, um das, was im Leben zählt um das, was trägt.

Diese wunderbare Geschichte erzählt von diesen kostbaren Momenten, die das Leben reich machen, in der ich etwas begreife, vom Glauben, vom Leben, eine Begegnung von zwei Menschen.
Ein Pfingstmoment.

Es hätte auch sein können, dass die beiden ein Paar werden und heiraten, wie es nach anderen besonderen Momenten an Brunnen geschehen ist, von denen die Bibel erzählt. Aber es wird keine Geschichte mit Hochzeitsfeier daraus, sondern eine Liebesgeschichte anderer Art, denn die Frau wird anderen von Jesus und von Gott, der Geist ist und Liebe erzählen, so erzählen, dass Menschen ihr glauben.

Die Geschichte erzählt von diesen Momenten, die einem geschenkt werden, ganz unerwartet. Die Frau kommt mitten aus ihrem Alltag, hinter ihr liegt Arbeit, vor ihr liegt Arbeit. Ob sie eine Pause am Brunnen machen wollte, ob sie nur schnell Wasser holen wollte, in Gedanken schon bei den nächsten Aufgaben war.
Mit einem Mal rückt das in den Hintergrund. Denn da ist dieser Moment, ein Gespräch entsteht, eine Begegnung, die mehr ist, als die Worte, die zwei Menschen austauschen.
Man kann diese Momente nicht planen, sie geschehen einfach.
Mit einem Mal ist eine Offenheit da, zuzuhören, zu fragen, seine Meinung zu sagen und zu wissen, dass sie gehört wird.

Die Frau ist am Brunnen, ein vertrauter Ort, mitten im Alltag – und zugleich außerhalb der Stadt, raus aus dem Ort, an dem sie geschützt ist.
Jesus selber ist unterwegs, auf Reisen, mit der ihm eigenen Offenheit für jeden Menschen, der ihm begegnet, ganz Menschen und ganz Gott.
Am Brunnen ist er allein, als Reisender ungeschützt, wehrlos.
Womöglich führt gerade dies zu der Offenheit, die die für diese Begegnung möglich ist.

Und dann, dann beginnt das Gespräch. Die Gedanken an alles, was noch zu tun ist, sind weg. Dieser Moment ist wichtig.
Was, wenn die Frau nicht zurückgefragt hätte? Was, wenn sei ihm einfach einen Krug Wasser gereicht hätte und dann zurück gegangen wäre.
War es ihre Entscheidung oder Gottes Geist, dass sie sich auf das Gespräch eingelassen hat?

Unwichtig. Wichtig ist, dass dieser Pfingstmoment da war.

Dieser Pfingstmoment im Gespräch über das Leben, über das was trägt. Es ist ein Gespräch über den Glauben und die Hoffnung, die mich leben lässt, ein Gespräch über Gott und Christus.

Springen wir nach Berlin.
Als Kirche müssten wir doch für Pfingstmomente zuständig sein, also alles tun, damit Menschen ins Gespräch kommen, über Gott und das Leben miteinander reden.

Ja, das tut Kirche und versucht es, jeden Tag. Aber machen, machen kann sie es nicht. Dass diese besonderen Pfingstmomente sich ereignen, das hat sie nicht in der Hand.
Wir feiern heute Pfingsten draußen, das Wetter ist herrlich, viele Menschen haben sich viel Mühe mit der Vorbereitung gegeben, und das ist spürbar – und dafür einen großen Dank.
Und in den Gesprächen zur Vorbereitung wird deutlich: Wir geben alles dazu, als ob es von uns abhängen würde – und wir wissen ganz genau, dass wir es nicht in der Hand haben, ob diese Pfingstmomente sich ereignen, ob etwas spürbar wird von dem, was Jesus meint, wenn er sagt: Ich habe lebendiges Waser, ich habe/bin Wasser, dass deinen Durst löscht, dass dich leben lässt.

In manchen Gottesdiensten spüre ich das (längst nicht immer), aber Gottesdienste machen mich wacher, sensibler für diese Momente.
Und das ist viel wert.

Am Ende sagt Jesus: „Ich bin es, der Christus. Ich, der mit dir spricht.“

Da bricht der Pfingstmoment ab. Die Jünger Jesu kommen und wundern sich, dass Jesus mit einer fremden Frau spricht – und sie mit ihm.
Der Moment ist vorbei – aber die Begegnung mit Jesus trägt die Frau in sich weiter. Ihr Leben lang.
Amen.