Geistliche Angebote

Psalm, Musik, Andacht und Fürbittengebet von Hans-Joachim Fentz

 

Die endlose Stimmenzählerei in den USA hat hoffentlich bald ein Ende. Auf jeden Fall ein Ende hat die Zählerei der soundsovielten Sonntage nach Trinitatis: heute ist nämlich der drittletzte Sonntag im Kirchenjahr: wir gehen also aufs Ende zu.

Und wenn ich so auf unsere Welt schaue, wie sie scheinbar (?) immer mehr aus den Fugen gerät, dann beschleicht mich genau diese Sorge: wir gehen aufs Ende zu.

Doch entgegen dieser trüben Analyse der Weltlage gibt der heutige Sonntag einen Grund zur Hoffnung, denn Gott ist gegenwärtig in seiner Welt.

Und wo Menschen aus göttlichem Geist heraus leben, wo sie Barmherzigkeit zeigen, / wo sie keine Vergeltung üben, / also: wo sie Frieden leben: da berühren sich auch heute schon Himmel und Erde, da blitzt Gottes Reich in unserer Welt auf.

Der passende Wochenspruch dazu steht im Matthäus-Evangelium:

"Selig sind, die Frieden stiften, denn sie werden Gottes Kinder heißen“ Matt. 5, 9

 

Lied: Wo Menschen sich vergessen (SJ 176)

Wo Menschen sich vergessen, die Wege verlassen und neu beginnen, ganz neu:
da berühren sich Himmel und Erde, dass Frieden werde unter uns,
da berühren sich Himmel und Erde, dass Frieden werde unter uns.

Wo Menschen sich verschenken, die Liebe bedenken, und neu beginnen, ganz neu:
da berühren sich Himmel und Erde, dass Frieden werde unter uns,
da berühren sich Himmel und Erde, dass Frieden werde unter uns

Wo Mensch sich verbünden, den Hass überwinden, und neu beginnen, ganz neu:
da berühren sich Himmel und Erde, dass Frieden werde unter uns,
da berühren sich Himmel und Erde, dass Frieden werde unter uns.

Psalm 85

(nach einer Übertragung der Guten Nachricht)

Herr,
früher hast du gezeigt, dass du dein Land liebst,
und hast für dein Volk alles wieder zum Guten gewendet:
sein Unrecht hast du weggenommen und seine ganze Verfehlung zugedeckt.
Du hast deinen Zorn zurückgezogen und seine schreckliche Glut wieder abgewendet.

Gott, unser Retter,
stell uns auch jetzt wieder her! Hör auf, uns zu zürnen!
Oder willst du für immer zornig auf uns sein? Soll dein Unwille nie zu Ende gehen?
Willst du uns nicht neu beleben, damit dein Volk sich über dich freut?
Herr, lass uns wieder deine Güte sehen! Komm uns zu Hilfe!

Ich horche auf das, was Gott, der Herr, sagt:
er spricht von Frieden für sein Volk, / für alle, die zu ihm gehören;
aber: sie sollen ihre Torheit nicht wiederholen!

Seine Hilfe ist all denen nahe, die ihn ehren und ihm gehorchen; bald wohnt seine Herrlichkeit wieder in unserem Land.
Dann kommen Güte und Treue zusammen, Recht und Frieden küssen einander.
Die Treue sprießt aus der Erde hervor / und das Recht blickt vom Himmel herab. Der Herr selber gibt Gelingen und unser Land gibt reichen Ertrag.
Amen.

Lied: Wir warten dein, o Gottes Sohn (EG 152, 1)

Wir warten dein, o Gottes Sohn, und lieben dein Erscheinen.
Wir wissen dich auf deinem Thron und nennen uns die Deinen.
Wer an dich glaubt, erhebt sein Haupt und siehet dir entgegen;
du kommst uns ja zum Segen.

Evangelium (zuglich Predigttext)

Lukas 17, 20 + 21, 24

Eines Tages wollten die Pharisäer von Jesus wissen, wann die neue Welt Gottes kommen würde.
Er antwortete ihnen: „Gottes neue Welt wird nicht so kommen, dass man es – wie bei einem irdischen Reich – äußerlich sofort wahrnehmen kann. Niemand wird euch sagen können: „Schau her! Hier ist sie oder dort ist sie!“ Und doch versichere ich euch: die neue Welt Gottes ist jetzt schon da – mitten unter euch!“

Zu seinen Jüngern aber sagte er: „es wird eine schwere Zeit kommen, wo ihr alles dafür geben würdet, auch nur einen einzigen Tag in Gemeinschaft mit dem Menschensohn mitzuerleben. Aber dieser Wunsch wird sich nicht erfüllen.

Man wird euch immer wieder einreden wollen, dass der Menschensohn schon gekommen ist, und dass man ihn hier oder dort gesehen hat. Glaubt das auf keinen Fall! Geht auch nicht dorthin, / und lauft solchen Leuten nicht nach! Denn wenn der Menschensohn kommt, wird es jeder sofort sehen:
er wird so unübersehbar sein wie ein Blitz, der den ganzen Horizont
erhellt.“

Gedanken zum Sonntag

Liebe Gemeinde,

Wo ist Gott?
Wo ist Gott, der dem Psalmbeter / Recht und Friede, Güte und Treue verheißen hat?
Wo ist Gott, der Allmächtige, der Kriege, Corona und Katastrophen geschehen lässt?

Jesus und seine Jünger sind unterwegs von Galiläa nach Jerusalem Sie ziehen von Dorf zu Dorf, reden mit den Menschen, predigen, treiben Dämonen aus und heilen Kranke.

Eine Gruppe von Pharisäern kommt zu Jesus und sie fragen ihn, wann das Reich Gottes, seine neue Welt, kommen werde. Die Pharisäer kennen die heiligen Schriften Israels nämlich genau: nach ihrer Vorstellung wird Gott bald über die ganze Welt herrschen und seinen Messias schicken. Das richtige Datum, wann das sein wird, versuchen sie sogar anhand der Sterne zu berechnen.

Zunächst erklärt Jesus ihnen, wo Gott nicht zu finden ist: Gottes neue Welt wird kommen, aber nicht so, dass man sagen könnte: hier ist sie, oder dort; Gottes neue Welt kommt soz. „auf leisen Sohlen“.


Und: Gottes Reich ist schon längst da, es ist „mitten unter euch“.

In der Theologie gibt es für dieses „mitten unter euch“ mehrere Deutungsmöglichkeiten, und so bekommen wir bei der Frage nach Gottes Gegenwart verschiedene Antworten:

Antwort eins:
„Das Reich Gottes ist inwendig in euch.“
So übersetzt Luther die Worte Jesu: inwendig, im Innern des Menschen, in seiner Seele oder in seinem Herzen: Gott erobert die Herzen der Menschen – und damit die Welt.

Dieses „Gott in mir“, diese persönliche Gottesbeziehung ist – wie jede Beziehung – einzigartig; für mich ist es ein „Gott bei mir“; diese Erfahrung habe ich auf meinem bisherigen Lebensweg gemacht: auch in den Umwegen, Sackgassen und Krisen fühlte ich mich nicht Gott-verlassen, sondern er war und ist (und wird es hoffentlich auch weiter sein) in meinem Leben gegenwärtig.

Antwort zwei:
„Das Reich Gottes ist in euren Händen.“
Teresa von Avila – Mystikerin, Kirchenlehrerin, Ordensgründerin, Heilige (übrigens auch in der Evangelischen Kirche) lebte im 15. Jahrhundert in Spanien. Sie schreibt: „Christus hat keine Hände außer eure.“
Gottes neue Welt existiert also bereits dort, wo Menschen an ihr mit bauen: zum Beispiel dort, wo sie bei „Laib&Seele“ Lebensmittel für Bedürftige verteilen – und das teilweise schon seit mehreren Jahrzehnten.
Zum Beispiel dort, wo sich inzwischen tausende und abertausende Jugendliche weltweit bei „Fridays for future“ für den Klimaschutz engagieren.
Oder auch dort, wo die Unterstützer der „black-life-matters“-Bewegung für Menschenwürde und Versöhnung eintreten.

Durch mein Handeln, durch unser Handeln und auch durch das Handeln von Menschen, die mit Gott gar nichts am Hut haben, kann Gottes neue Welt an Boden gewinnen.
Und dabei gilt dann übrigens eine andere Erkenntnis der Heiligen Theresa: „der Herr schaut nicht so sehr auf die Größe der Werke, als vielmehr auf die Liebe, mit der sie getan werden.“

Antwort drei:
„Das Reich Gottes ist mitten unter euch.“
Gottes neue Welt ist da, wo wir Menschen uns das geben, war wir zum Überleben existenziell brauchen: nämlich die Nähe und die Gemeinschaft zu anderen Menschen.
Die Barmer Theologische Erklärung von 1934 bezeichnet Kirche als eine Gemeinschaft, „in der Jesus Christus in Wort und Sakrament durch den Heiligen Geist als der Herr gegenwärtig handelt.“

Spürbar wird das zum Beispiel auch in unseren Gottesdiensten. Erinnern Sie sich noch an einen Gottesdienst, der Ihnen in ganz besonderer Weise in Erinnerung ist? Der Sie getroffen und bewegt hat? Wo Sie das Jesus-Wort gespürt haben: „wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“?

Herbstferien 2009: KonfiCamp in Hirschluch!
Ca. 80 Steglitzer Konfirmandinnen und Konfirmanden! Dazu eine riesige Zahl von haupt- und ehrenamtlichen Teamerinnen und Teamern. Vormittags arbeiteten wir mit den Konfis über „Vorbilder“, und nachmittags gab es die unterschiedlichsten Freizeitangebote, unter anderem auch einen Kletter-Workshop. Die Jugendlichen hatten viel Spaß daran, doch für einen Jungen wurde dieser Kletter-Workshop zu etwas ganz Besonderem; denn: dieser Junge saß im Rollstuhl, und er war so sehr auf Unterstützung angewiesen, dass immer einer von den Teamern bei ihm sein musste.

Und dieser Junge erzählte dann im Abschluss-Gottesdienst seine Geschichte: nämlich, dass das KonfiCamp eines der schönsten Erlebnisse in seinem Leben war: weil er Gemeinschaft erlebt hatte; weil er nicht in die Ecke geschoben wurde; weil er sich von allen akzeptiert und getragen fühlte, und das sogar im wortwörtlichen Sinn:
ich war an diesem Nachmittag dabei, als er in der Klettergruppe war, und ich habe es gesehen, als alle Jugendlichen zusammen geholfen haben, diesen Jungen mit seinem Rollstuhl einen Baum hochzuziehen; und plötzlich schwebte er, und er war frei…

Das erzählte er im Gottesdienst und zeigte uns das Video, das dabei entstanden war. Alle fingen an zu weinen. Und alle spürten in diesem Gottesdienst: „Das Reich Gottes ist mitten unter euch.“

Liebe Gemeinde,
drei Antworten, drei Deutungen, wo Gott ist. Entscheiden müssen wir uns nicht, denn wahr sind alle drei.

Es könnte jetzt ein „Amen“ geben, aber: der Predigttext geht ja noch weiter – und zwar mit einem radikalen Bruch. Wäre Lukas nämlich Kameramann, würde jetzt ein- 180-Grad-Schwenk folgen – weg von den Pharisäern und hin zu seinen Jüngern: sie brauchen eine andere Antwort auf die Frage „wo ist Gott?“. Denn bald werden sie Gottesferne erleben; bald werden sie hilflos zusehen müssen, wie Gott hingerichtet wird.

Wenn Gott in meinem Leben tot ist, dann tritt Anderes an seine Stelle: „Woran du nun, sage ich, dein Herz hängst und worauf du dich verlässt, das ist eigentlich dein Gott.“ (Luther).
Oder: wir laufen vermeintlichen Heilsbringern hinterher.
Morgen, am 9. November, denken wir daran, wie Synagogen und jüdische Geschäfte 1934 in Brand gesteckt wurden – der für alle sichtbare Auftakt zur Vernichtung der Juden.

Jesus ist Realist und sieht die Gefahren, in die wir Christen kommen können: „geht nicht dorthin, / und lauft solchen Leuten nicht nach!“ mahnt er seine Jünger.
Und uns: denn wie viele aufrechte Christen sind im dritten Reich dem falschen Heilsbringer auf den Leim gegangen?
Wie kann es das denn geben: eine Arbeitsgemeinschaft „Christen in der AFD“?
Und wie kann es das denn sein, dass die Hälfte der amerikanischen Wählerschaft, darunter viele Millionen evangelikale Christen einen notorischen Lügner wiedergewählt haben, einen skrupellosen Geschäftemacher ohne jeden moralischen Kompass; einen Mann, der sich für ein Foto mit einer Bibel in der Hand / mit Tränengas den Weg zur Kirche freischießen lässt, der aber auf die Frage nach einem Bibelvers, der ihn besonders anspricht, nur stammeln kann, dass das doch bitteschön sehr privat sei?

„Wo ist Gott?“
Jesus schenkt den Jüngern Trost: am Ende der Tage nämlich wird er kommen „so unübersehbar wie ein Blitz, der den ganzen Horizont erhellt“: dann durchwirkt Gott endgültig seine Erde ganz. Dann errichtet er sein Reich des Friedens, das er Israel von Anbeginn an versprochen hat. Dann werden Schwerter zu Pflugscharen, dann wird Gott alle Tränen abwischen, dann werden die Wölfe bei den Lämmern wohnen...
Für Gottes Gegenwart am Ende der Zeit hat die Bibel viele Bilder parat.

Und bis dahin? Da gelten unsere drei Antworten: Gott ist inwendig in uns; Gott wirkt durch unsere Hände und: Gott ist mitten unter uns. Denn:
Gott lebt!
Amen.

Fürbittengebet

Großer Gott,
wir leben in dunklen Zeiten.
Manchmal scheint es, dass unsere Welt aus den Fugen gerät,
und dass das Ende kurz bevorsteht.
Manche sagen „Friede!“, doch sie bringen Unheil / und Finsternis droht.

Wir bringen vor dich:
unsere Trauer, unsere Sorge und unser Mitgefühl
für die Opfer der islamistischen Terrorakte und für deren Angehörigen.
Wir bitten dich:
für die an Corona Erkrankten und ihre Familien und für die, denen die Pandemie die Lebensgrundlage bedroht.
Wir bitten dich für die Menschen in den so gespaltenen Vereinigten Staaten von Amerika, und für die, die Angst haben um die Demokratie / dort und in unserem Land.
Wir bitten: Herr, erbarme dich.

Gott, wir leben in dunklen Zeiten.
Manche sagen „Friede!“, doch sie bringen Unheil.

Wir bitten dich um Frieden:
für alle, die Hass ausgesetzt sind, / für die, die gemobbt, beleidigt und gedemütigt werden.
Wir bitten dich um Frieden für die, die sich dem Bösen entgegenstellen,
die auf Hass mit Worten des Friedens antworten,
die ihren Feinden mit der Kraft der Liebe begegnen.

Wir bitten dich um Barmherzigkeit für die, die alles verloren haben,
die auf der Straße leben, die hungern, die niemand beachtet.
Wir bitten dich für die Einsamen, die Kranken, die Sterbenden.
Wir bitten dich: Lass sie/ihn deine Herrlichkeit schauen. Tröste ihre/seine Angehörigen mit deinem Trost.
Wir bitten: Herr, erbarme dich.

Gott, wir leben in dunklen Zeiten.
Wir bitten dich um Lebendigkeit für deine weltweite Kirche.
Wir bitten dich für deine Johann-Sebastian-Bach-Gemeinde.
Wir bitten für die Kreissynode am Wochenende /
Wir bitten für die, die Verantwortung tragen /
und für uns selbst:
gib uns Kraft und Mut und Humor,
gib uns Warmherzigkeit und Besonnenheit:
gib uns alles was wir brauchen,
um in diesen dunklen Zeiten Kinder deines Lichts und deines Tages zu sein:
denn wir sind deine Kirche.
Amen.

Mit Jesu Worten beten wir:

Vater unser...

Lied: Wenn das Brot, das wir teilen (SJ 179)

Wenn das Brot, das wir teilen, als Rose blüht
und das Wort, das wir sprechen, als Lied erklingt:
Ref.: dann hat Gott unter uns schon sein Haus gebaut,
dann wohnt er schon in unserer Welt;
ja, dann schauen wir heut schon sein Angesicht
in der Liebe die alles umfängt, in der Liebe die alles umfängt.

Wenn das Leid jedes Armen uns Christus zeigt
und die Not, die wir lindern, zur Freude wird:
Ref.
Wenn die Hand, die wir halten, uns selber hält
und das Kleid, das wir schenken, auch uns bedeckt:
Ref.:

Wenn der Trost, den wir geben, uns weiter trägt
und der Schmerz, den wir teilen, zur Hoffnung wird:
Ref.

Wenn das Leid, das wir tragen, den Weg uns weist
Und der Tod, den wir sterben, vom Leben singt:
Ref. dann hat Gott unter uns schon sein Haus gebaut,
dann wohnt er schon in unserer Welt;
ja, dann schauen wir heut schon sein Angesicht
in der Liebe die alles umfängt, in der Liebe die alles umfängt.

Segen

Der Herr segne dich und behüte dich.
Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig.
Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir + Frieden.
Amen.

Mit freundlichen Grüßen Ihr Hans-Joachim Fentz

Informationen

Am Samstag, den 14. November 2020 von 9–16 Uhr findet die konstituierende Sitzung der Kreissynode Steglitz statt. Wegen der aktuellen Kontaktbeschränkungen wird die Tagung digital per Zoom durchgeführt.
Im Mittelpunkt der Synode stehen Wahlen für die verschiedenen Leitungsgremien des Kirchenkreises. Neu gewählt werden unter anderem das Präsidium, die Mitglieder des Kreiskirchenrates, eine Stellvertretung des Superintendenten, der Haushaltsvorsitz und die Landessynodalen.
Die öffentliche Tagung beginnt mit einer Andacht. Wer die Kreissynode digital als Gast verfolgen möchte, kann sich unter www.kirchenkreis-steglitz.de/kreissynode anmelden. Sie erhalten dann rechtzeitig den Link zur Teilnahme.

Die Kollekten sind bestimmt für das Frauenhaus Bora e.V. (Entscheidung des GKR) und den Besuchsdienst.